“Keep it simple and sophisticated”

Susanne Kreuzberger

“Keep it simple and sophisticated”

Susanne Kreuzberger und Christina Nemec haben sich für ihre Installation mit dem Zusammenspiel von Handwerk und Feminismus beschäftigt und dafür Filz zum Atmen gebracht. Im Rahmen des Festivals zeigt Susanne Kreuzberger auch ihre neue Kollektion “take your pleasure seriously”.

Atmender Filz – wie kam es zu der Idee und eurer Zusammenarbeit?

Christina: Ich weiß gar nicht mehr genau, wie wir zusammengekommen sind, wir kennen uns jedenfalls seit den 80er-Jahren aus Punk-Zusammenhängen, DIY-Projekten und Feminismus-Aktivismus. Ich liebe Susas Arbeiten und Schnitte und die Art wie das Konzept “Keep it simple and sophisticated” funktioniert.

Susanne: Genau, wir kennen uns aus der Punkszene der 80er-Jahre. Damals war es ganz selbstverständlich alles selbst zu organisieren, Labels zu gründen, Konzerte zu veranstalten oder Häuser zu besetzen. Ich liebe die Arbeit von Christina und finde es wahnsinnig spannend zu einem Konzept oder einer Kollektion einen Zugang aus verschiedenen Bereichen wie Design, Musik und Performance zu finden. Außerdem liebe ich Handwerk, ich habe das Filzen ausprobiert und war begeistert. Es hat etwas Archaisches, die Geräusche sind viel subtiler als zum Beispiel bei dem letzten Projekt mit Christina, bei dem die Hauptdarstellerin meine Strickmaschine war.

Was für eine Geschichte erzählt der Name “i FELT good”, warum Vergangenheit?

Susanne, Christina: Felt ist ja das englische Wort für Filz. Zum kann der Name “I FELT good” im Sinne von “Ich habe das gut gemacht/gefilzt” verstanden werden, zum anderen “I FELT good” im Kontext des Kriegsfurorjahr 2017. Die Idee eines großen, vereinten, sozialen Europa hat uns Anfang der 90er-Jahre irgendwie mitgerissen und der Faden ist gerade am reißen. Krieg, Brexit, Tyrannen, Despoten: Alte Männer zerstören den Planeten, die Aufbruchsstimmung der 80er/90er-Jahre, als wir geglaubt haben, der Nationalismus sei überholt, ist dahin.

In eurer Projektbeschreibung ist vom Zusammenspiel von Feminismus, Handwerk, und Ausbeutung zu tun. Wo seht ihr aktuell einen Backlash?

Susanne, Christina: Es gibt Selbstermächtigungskonzepte im Feminismus in Verbindung mit Fertigkeiten und Handwerk als Ausgangspunkt einer Craftbewegung, die unter anderem auch Städte “verschönert”. Andererseits wird dasselbe Handwerk konservativ ausgelegt und interpretiert. Und drittens werben große Konzerne mit Bildern aus dem handwerklichen und selbstgemachten Design, beuten aber parallel Arbeiterinnen und Kinder in Asien und Afrika bis zu den Knochen aus. Dort kostet die Kleidung in der Herstellung einen Bruchteil des Herstellungswertes, sieht aber handgemacht aus. Und das Geld fließt wiederum in Marketing und Werbung.

Wenn ihr ein anderes Handwerk als die euren ausüben müsstet, für was würdet ihr euch entscheiden?

Christina: Ich bin selbststudierte Musikern und nicht einmal das handwerklich, da ich keine Instrumentalistin bin. Im Prinzip bin ich also Hörerin und Wiedergeberin. Sonst würde ich gerne kochen oder mit Pflanzen arbeiten.

Susanne: Ich würde zum Beispiel auch gerne als Architektin arbeiten, Stadtteilzentren erarbeiten… es gibt unzählige Projekte, die ich umsetzen wollen würde. Spannend ist auch die Szene der Garten- und Upcyclingprojekte.

Die Installation ist angelehnt an die Kollektion, die dann ja auch im Rahmen des Festivals präsentiert wird. Die Kollektion ist inspiriert durch die Künstler Ray & Charles Eames. Was hat dich an ihrer Arbeit fasziniert?

Susanne: Sie ist nicht nur von Ray und Charles Eames inspiriert, sondern vom Bauhaus per se. Ich habe mir die Bauhaussammlung angesehen und schnell bemerkt, dass die Frauen eine untergeordnete Rolle gespielt haben…sie durften sich beispielsweise im Textilen ausleben (Gutha Stölzl) aber die großen Checker waren die Männer. Hier schließt sich auch wieder der Kreis zum Zusammenspiel von Feminismus, Handwerk, und Ausbeutung). Es gab aber wahnsinnig begabte und tolle Frauen darunter, mich haben sie fasziniert, ihr Stil, ihre Frisuren … viele von ihnen sind im Nazireich ermordet worden.

Die Fashion Show mit Präsentation der neuen Kollektion wird im Rahmen des Take Festivals am Freitag, dem 28.04. um 19.30 in der Show Area zu sehen sein. 

Bild: Christina Nemec, © Bernadette Reiter und Susanne Kreuzberger, © Flora P.

Sarah Naegele
naegele.sarah90@gmail.com

Mag Kontraste, versucht aber nie schwarz weiß zu schreiben. Lieblingsthemen: Kunst, Kultur, und Zwischenmenschliches im weitesten Sinn.