
31 Mar Arthur Arbesser fährt gerne zweigleisig
Es scheint, als hätte Arthur Arbesser alles richtig gemacht. Ein Studium in London am renommierten Central St. Martins College, dann auf direktem Weg nach Mailand zu Armani. Jetzt hat er bereits seine sechste Kollektion Womens-Wear mit dem eigenen Label ARTHUR ARBESSER entworfen und ist ganz nebenbei Creative Director bei Iceberg. Im Rahmen der departure fashion night wird er seine Arbeit beim Take Festival zeigen.
Willkommen in Wien! Bist du auf Osterbesuch?
Arthur: Ja, meine Familie besuchen. Aber ich bin öfters hier zumal meine eigene Firma auch in Wien ist.
Obwohl du in Mailand lebst?
Arthur: Das hat sich durch „departure“ ergeben. Die Voraussetzung für eine Förderung ist, eine österreichische Firma zu sein. „On the long run“ bin ich auch beruhigter, wenn meine Firma und die steuerliche Abwicklung in Österreich sind. Allein schon wegen dem besseren sprachlichen Verständnis. Wir haben um die Unterstützung in einer Situation angefragt, in der es schon brenzlig für uns wurde. Was departure macht ist in der heutigen Zeit sehr rar, nämlich auf so eine großzügige und intelligente Art unterstützt zu werden. Die Firma „Arthur Arbesser“ führe ich gemeinsam mit Stephan Kornfeld. Der hatte gerade bei Louis Vuitton gekündigt und Lust mit mir gemeinsam etwas aufzubauen. Ich glaube wir sind die perfekte Mischung.
Stephan in Wien und du in Mailand?
Arthur: Genau. Für mich persönlich bleibt Mailand meine „homebase“. Wir produzieren schließlich auch in Italien und der Großteil der Stoffe und Komponenten kommen von da. Und ich habe mein Leben und meine Freunde in Mailand. Die Kollektion zeigen wir immer auf der Mailänder Modewoche und so macht das alles Sinn. Ein bisschen bin ich aus Wien und meinem konservativen zu Hause geflüchtet …
Wo in Italien produziert ihr?
Arthur: Wir produzieren den ganzen Strick im Veneto, in den Bergen in der Nähe von Cortina. Das ist eine kleine und extrem feine Fabrik, die auch für Givenchy oder Ferragamo produziert. Wir sind für sie eine kleine Brand, die sie unterstützen und die uns auf eine fast mütterliche Art und Weise gegenübertreten. Sehr herzzerreißend. Die Produktion des Genähten findet in Molise statt. Ungefähr eine Stunde von Neapel entfernt ist eine Fabrik, die es seit den 70er Jahren gibt und wo schon Gianfranco Ferre, Dolce & Gabbana und Versace aus und eingegangen sind. Das Niveau und die Professionalität sind sehr hoch. Wir sind in sehr guten Händen.
Was werdet ihr beim Take Festival zeigen?
Arthur: Wir haben Ende Februar unsere neue Herbst/Winter 2016/17 Kollektion in Mailand gezeigt. Die bringen wir mit nach Wien. Die Kollektion ist sicher, wie auch die letzten Kollektionen, sehr wienerisch in ihrem Charme und in ihrem Look recht streng. Einige Teile sind von Uniformen inspiriert. Eine sehr direkte Inspiration kam von dem belgischen Maler Michael Borremans.
Was ist dein persönlicher Bezug zu ihm?
Arthur: Ich weiß gar nicht genau wie es dazu kam. Ich glaube ich habe auf der freeze in London Bilder von ihm gesehen und dann einen großen Katalog von ihm in der Albertina gekauft. Da bin ich total reingekippt. Mir hat dieses „darke“, melancholische an seiner Kunst, etwas, das meinem damaligen Gemüt voll entsprochen hat, total gefallen. Diesen Gemütszustand wollte ich in die Kleider bringen.
Wie schlägt sich das in Farben, Stoffe und Muster nieder?
Arthur: Es ist alles ein bisschen gedeckt gehalten. Schwarz, dunkelgrün, Loden, grau, dunkelgrau und dann haben wir auch Goldstoffe. Das hat zum Teil etwas Majestätisches, wie der ganz dottergelbe Samt, den wir auch verwendet haben. Das hat etwas Wienerisch-Klimtsches an sich. Wir haben es sehr nüchtern und unglamourös in einer Mailänder Garage gezeigt. In dieser roughen Umgebung etwas sehr Feines zu zeigen war sehr schön. Es hatte auch etwas Zeitloses.
Die wievielte Kollektion ist das schon?
Arthur: Die sechste!
Wow! Wie hat sich deine Arbeit entwickelt?
Arthur: Begonnen hat alles mit der Notwendigkeit, sich selbst auszudrücken. Ich hatte ja sieben Jahre bei Armani gearbeitet. Die Entscheidung kam aus dem Bauch heraus. Das ist eine gute „driving force“ für den Beginn. Dann ist es ein Prozess, sich und seine Sprache zu finden. Ich glaube, wenn man erst für eine andere Marke designed hat, braucht das ein bisschen länger. Jetzt habe ich schön langsam meine Ästhetik gefunden. Es ist enorm wichtig, seine eigene Identität und Sprache zu haben. Das ist leichter, wenn man ganz frisch beginnt. Ich hatte schon ein „brainwashing“ bekommen. Das Gute ist, dass ich den Markt schon besser kennengelernt hatte. Man ist realistischer. Ich hätte trotzdem gerne „unbefleckt“ gestartet. So musste ich wieder lernen, meinen Gedanken freien Lauf zu lassen und im Kreativprozess weniger zu denken. Dank Stephan an meiner Seite geht das jetzt leichter, denn er übernimmt in erster Linie das Denken.
Das ist großartig, wenn man jemanden an der Seite hat, der einen ergänzt.
Arthur: Alleine ginge es nicht. Der Prozess ist so wahnsinnig zeit-, geld- und energieaufwendig. Ich habe relativ bald kapiert, dass es eine wahnsinnige Chance für mich gibt, da die Weltpresse und einige super Shops auf meine Sachen angesprochen haben. Ich habe erkannt, um richtig weiter zu machen, muss es einen neuen Rhythmus annehmen. Dazu brauchte ich einen Partner.
Woher stammt das größte Interesse für deine Mode?
Arthur: Es sind ausgesuchte Geschäfte, die sehr interessiert an qualitativ hochwertiger Mode sind. Es ist alles eher „sophisticated“, wenn man das so sagen will. Wir sind in Amerika, Korea, in Paris zum Beispiel im Le Bon Marché und in Italien in ausgesuchten Boutiquen. Das sind Geschäfte, die in den 80er Jahren Comme des Garçons und Margiela gekauft haben und immer auf der Suche nach etwas Neuen und Gutem sind.
Was gehst du als nächstes an?
Arthur: Wir hatten jetzt gerade in Paris unseren Verkauf und haben auch da wieder extrem viel gelernt. Bei der Mode startest du jede Saison sehr selbstbewusst hinein, siehst aber jede Saison wieder einen Fehler, den du gemacht hast. Ein ständiger Lernprozess. Die nächsten Schritte sind wieder eine neue Show für September in Mailand zu machen. Die muss wieder besonders „Bombe“ sein.
Hast du schon Ideen?
Arthur: Ja! Die finden meistens schon im Prozess zur vorigen Kollektion statt. Ich habe aber festgestellt, dass die Message stärker und stärker werden muss. Es muss präziser werden und klar ersichtlich, was die Marke ist und wofür sie steht.
Wie ist die Frau, die Arthur Arbesser trägt?
Arthur: Die ideale Frau, die meine Sachen trägt, ist Anfang 30, sehr international und wahrscheinlich in einem kreativen Umfeld. Sie sollte nicht scheu sein und in ihrem Geschmack und Stil sehr selbstbewusst.
Zum Abschluss noch: Du hast noch eine zweite Tätigkeit bei Iceberg. Wie läuft´s?
Arthur: Ein gar nicht so leichter Prozess, diese beiden Sachen zu kombinieren. Aber Iceberg ist so spannend und hat so ein Potential! Meine zwei Kollektionen wurden von der Presse extrem positiv aufgenommen und sie beginnen, wieder besser zu verkaufen. Es ist unglaublich, wie viele großartige Designer Iceberg vor mir geholt hat, allein schon wegen dieser Liste ist es eine extrem coole Sache.
Kannst du das in deinem Kopf gut trennen?
Arthur: Ja, ich habe das im Kopf stark getrennt. Die beiden Linien sind in ihrem Wesen sehr unterschiedlich. Iceberg ist sehr luxuriös aber sporty. Stephan und ich wollen viel zeitloser sein und sehr elegant. Ich glaube es ist relativ gesund für´s Hirn, zweigleisig zu fahren.
- All pictures by Henrik Blomqvist