
16 Mar Zu Besuch bei Nedra Chachoua
Nedra Chachoua ist Modedesignerin, lebt und arbeitet in Wien. Beim diesjährigen Take-Festival zeigt sie ihre neueste Kollektion. Wir haben Nedra bei ihr zu Hause zum Interview getroffen und wurden herzlich mit Tee begrüßt. Das Resultat sind schöne Bilder, viel Gelächter und interessante Fakten rund um die sympathische Designerin.
Erzähl ein bisschen über dich. Wie bist du zum Modedesign gekommen?
Das Interesse war schon früh da. Ich habe Sachen genäht und gestickt, da war ich dreizehn Jahre alt. In Tunesien ist das Handwerkliche präsent. Nach der Matura bin ich dann auf das Modekolleg in der Herbststraße in Wien gegangen und später an die Angewandte. Mode ist für mich eine Art sich auszudrücken und meine Persönlichkeit spiegelt sich in meiner Mode wider.
Früh übt sich. Hattest du Vorbilder?
Nein eigentlich nicht. Ich habe einfach gespürt, dass mir Mode gefällt, aber für spezielle Designer hatte ich eher wenig Interesse.
Wirklich nichts und niemand, der dich inspirierte?
Dazu kann ich sagen – ich habe mich schon mal auf der Angewandten beworben und eben wenig mit Designern beschäftigt. Klar habe ich Magazine und Bücher über die Geschichte der Mode gelesen, aber Lieblingsdesigner hatte ich halt nicht. Als ich dann beim Vorstellungsgespräch war, fragten sie mich, welche Designer mich interessieren und ich sagte darauf, dass ich keine Ahnung habe (lacht). Davon waren sie nicht so begeistert. Grundsätzlich nehme ich meine Inspiration aus dem Alltag und meinem Umfeld.
Was inspiriert dich im Alltag?
Ich bin Mutter einer Tochter. Mich inspirieren zum Beispiel die Formen und Farben ihrer Spielsachen. Ich recherchiere auch viel, suche nach Bildern im Internet und drucke sie mir aus. In die aktuelle Kollektion habe ich Wellen einfließen lassen und bin draufgekommen, dass ich diese Wellen immer wieder auf den Kinderbüchern meiner Tochter gesehen habe. Ich mag auch gerne Quilten, Prints, Symmetrie, Rechtecke und Berryfarben – weil berry ist einfach so berry (lacht).
Deshalb also die berryfarbenen Tulpen auf dem Tisch.
Nein, die sind purer Zufall.
Deine aktuelle Kollektion zeigst du auch beim Take- Festival. Was erwartest du dir davon?
Ich glaube die Location ist ziemlich cool. Ich war schon ein paar mal in der Alten Post. Das Ganze wird echt super.
Ist deine Tochter Anstoß dafür, dass du neben Damen- auch Mädchenkleidung entwirfst?
Ich kann mich daran erinnern, dass ich bereits im Diplomjahr daran gedacht habe auch Kleidung für Kinder zu nähen. Ich mag kindliche Elemente und bring das auch immer in meine Kollektionen hinein. Vielleicht weil ich selbst so kindisch bin (lacht).
Warum gibt es eigentlich nichts für Herren?
Ja, ich weiß einfach nicht, was Männer tragen sollen. Wenn mein Mann mich fragt, “Wie schaut das aus?” – ich habe keine Ahnung (lacht). Ich schaue mir wirklich gerne Kollektionen für Herren an, nur selbst mach ich das einfach nicht.
Kommt denn dein Mann nie mit der Frage, ob du ihm etwas Schönes nähst?
Nein, das kommt echt nicht vor (lacht).
Also bist und bleibst du die modeaffine von euch beiden?
Eher schon. Er machte zum Beispiel die Sonnenbrillen für meine letzte Kollektion und auch mal Schuhe, soweit ich mich erinnere. Auch wenn er keinen Bock hat, er muss es trotzdem machen (lacht). Er hätte definitiv Potential dazu, aber er arbeitet lieber in der Wirtschaft – irgendwer muss ja Geld verdienen (lacht).
Ja, die Kreativbranche ist schwierig. Siehst du in Wien Potential für den Beruf als Designerin?
Ich glaube wenn man sein eigenes Label hat, ist Wien nicht schlecht. Man ist mitten in Europa, es gibt Produktionsstätten und Paris liegt ja auch nur zwei Flug-Stunden entfernt. Man muss aber nicht in Paris leben, um gute Mode machen zu können. Die Szene in Wien ist klein, die Mieten sind günstig und es gibt Förderungen. Von daher, echt gut.
Hast du einen Lieblingsort in Wien, an den du dich gerne zurückziehst?
Ja, meine Wohnung (lacht). Den Augarten mag ich ganz gern im Sommer und auch der Karmelitermarkt in meiner “Hood” ist cool.
Trägst du deine Kollektionen auch selbst?
Nein, eigentlich nicht.
Wo kleidest du dich dann ein?
Ich kauf nicht viel und gehe echt selten einkaufen. Ich versuche nachhaltig einzukaufen und gönne mir dann online etwas auf Farfetch.
Achtest du bei der Produktion deiner Mode auch auf Nachhaltigkeit?
Mir ist es wichtig, dass meine Mode nicht einfach irgendwo produziert wird. Ich schaue mir auf jeden Fall die Arbeitsbedingungen an. Leider sind die Stoffe echt teuer. Vielleicht lasse ich mal in Tunesien produzieren.
Könntest du dir vorstellen dort einmal zu leben?
Ja. Mein Mann und ich sprechen oft darüber, dass wir uns dort irgendwann ein Haus bauen. Irgendwo “In the middle of nowhere”, am Strand. Es ist halt nicht so einfach mit Kind. Wenn ich allein wär, sofort. Ich war einmal dort auf der Fashion Week und das war echt super. Ich habe tolle Leute kennengelernt.
Wann war das?
Das war vor drei Jahren.
Hast du selbst auch deine Arbeiten gezeigt?
Ja, meine Diplomkollektion. Es war in einem alten Palast mit Garten und Blick aufs Meer. Das war wirklich geil (lacht). Aber es ist halt sehr viel Glitzer Glitzer.
Bist du selbst eher casual unterwegs?
Definitiv. Schon feminin aber eher casual und clean mit Witz.
Du hast bis jetzt schon viel erlebt. Was darf man sich in Zukunft noch von dir erwarten?
Ich arbeite gerade an einer neuen Homepage und ich werde auf jeden Fall die Linie aus Damen- und Mädchenkleidung beibehalten – das lebt einfach voneinander. Mein Traum wäre, dass die Kleidungsstücke dann zusammen irgendwann in einem Concept-Store hängen… So jetzt muss ich leider los, meine Tochter aus dem Kindergarten abholen (freut sich).
Fotos: © Naa Teki