flora et labora: Flora Miranda

AFA-Nominierte Flora Miranda im Interview
Flora Miranda

flora et labora: Flora Miranda

Flora Miranda hat den erstmals verliehenen outstanding artist award für experimentelles Modedesign des Bundeskanzleramts gewonnen. Obwohl sie zur Zeit sehr viel unterwegs ist, war sie so lieb, sich ein bisschen vorzustellen und mich mit in ihre Welt zu nehmen.

 

Könntest du mir einen Überblick über deinen bisherigen Lebensweg  geben?

In Salzburg bin ich geboren und aufgewachsen, nach der Matura bin ich nach Antwerpen/Belgien gezogen und habe dort Mode studiert. Nach dem Studium habe ich in Amsterdam mit Iris van Herpen gearbeitet und mich dann selbstständig gemacht, bin wieder nach Antwerpen gegangen und habe mein Atelier gefunden. Ja und mit 16 habe ich ein Praktikum in der Schweiz gemacht, in einer Sportbekleidungsfirma, und während des Studiums ein Praktikum in Wien bei der Herrenschneiderin Johanna Kastner.

 
Wie würdest du dich selbst in nur 3 Worten beschreiben?

Flora et labora.

 
Wie kommst du auf genau diese drei Worte?

Also Flora et labora kommt von “ora et labora” (bete und arbeite).
Auf einer Geburtstagsfeier als Kinder machte der Vater einer meiner Freundinnen zu jedem Namen der Gäste ein Wortspiel
Er hat eine Werbeagentur in Salzburg und bei mir sagte er “Flora et labora” also ” Flora und arbeite”
Der Satz/Motto passt immer besser zu mir.

 

Hast du dich immer schon für Mode interessiert, oder gab es ein Schlüsselereignis, das dich dazu gebracht hat, Mode zu „machen“?

Als Kind oder Jugendliche war das nicht unbedingt speziell die Mode, sondern ich war einfach immer damit beschäftigt, eine Welt aufzubauen. Möbeldesign, Architektur, bildende Kunst – und darin der Mensch. In meiner Jugend war mir Malerei sehr wichtig, da hat es mich fasziniert einen dreidimensionalen Eindruck auf einer zweidimensionalen Oberfläche zu schaffen. Wie die Farbe, die Pigmente geschichtet sind, das Gefühl für das Material und wie die Farben nebeneinander und übereinander aufeinander reagieren. Aber all das wollte ich dann in Bewegung setzen, in tatsächlichem Raum denken und so kam ich schließlich zur Mode.

Ich habe ein paar Designer favorisiert, sie alle kreieren (noch immer) ein Körperbild, das sich von der konventionellen Beauty-Produktion abhebt. Teilweise habe ich dies durch ein Buch gelernt, das mir meine Tante geschenkt hat, über die „New Antwerp Six“. Dadurch entdeckte ich zum Beispiel A. F. Vandeforst, Bernhard Willhelm oder Raf Simons, das war so ein Gefühl der Identifikation für mich und ich hatte den Eindruck, in der Mode gibts noch was zu sagen.

Somit habe ich beschlossen an die Wurzeln dieser Ästhetik zu gehen und in Antwerpen an der Modeakademie zu studieren. Auch gab mir diese Benelux Region ein sofortiges Zuhause-Gefühl, ich bewundere noch immer die Alten Meister wie Vermeer, Van Eyck und Rubens.

 
Als Österreicherin hat man nicht die besten Bedingungen, um sich als Designerin zu etablieren. Was hat dich angetrieben, diesen Weg zu wählen, wie hast du es geschafft dahin zu kommen wo du heute bist?

Also einen Teil habe ich mit der vorigen Antwort beschrieben – und absolut essenziell ist, dass mich meine Familie immer unterstützt hat. Am wichtigsten ist aber, dass man sich selbst Dinge ermöglicht und sich nicht hinter Regeln oder allgemeinen Meinungen versteckt. Gut, dass ich mir das somit auch selbst wieder sage – weil, wo bin ich denn?

Ich finde Systeme sind gut, um sich zu orientieren, um strukturierter als Gesellschaft arbeiten zu können aber sich darin einzuwickeln und selbst zu fesseln. Nein, als ÖsterreicherIn kann ich mich wirklich nicht beschweren, ich denke mir eher oft welch ein Glück, dass ich aus einem Land komme mit so bedeutender kultureller Geschichte, einem so kleinen überschaubaren und verhältnismäßig reichen Land in dem das Sozialsystem funktioniert und in dem man gesund leben kann.

Natürlich klingt das idealistisch, so ist das eben oft, wenn man nicht den Alltag eines Landes lebt. Und der Eindruck, dass es das Design in Österreich nicht leicht hat, kommt glaube ich eher daher, dass wir uns nicht wirklich durch Design vermarkten. Die Kunst, die Musik, der Tourismus sind groß, dafür kommen die Menschen nach Österreich, daraus machen wir ein Spektakel und haben unsere Identität aufgebaut. Das Design der Wiener Werkstätte und das Gesamtkunstwerk des Jugendstil ist, das ist wirklich meine eigene Ansicht, noch immer die einzige Bewegung wo sich Menschen hier aus verschiedenen Sektoren einschließlich Design zu einem kohärenten Stil zusammengefunden haben und über welchen überhaupt als Ganzes geschrieben werden kann. Es geht hier nicht um individuelle Designer, sondern wofür zumindest die Hauptstadt stehen kann, einen Diskurs.

 

Wie würdest du deine Mode beschreiben? Welchen Charakter siehst du selbst in ihr?

Expressiv! Ich visualisiere Sinneserfahrungen, das was man am und im Körper fühlt, was man im Kopf denkt kann man somit durch die Kleidung zeigen.

Ich gehe immer vom physischen Erleben aus und wie das materialisiert aussieht, die Konstruktion von Kleidung ist mehr Mittel zum Zweck.

Das ist ein eher konzeptuell/materialistischer Zugang, der sich ganz klar für künstlerische Kontexte eignet, also ich sehe meine Stücke sicherlich auch auf der Bühne. Denn dort geht es eben hauptsächlich um diese Sinneserfahrungen, von denen ich ursprünglich beginne, und somit schließt sich der Kreis.

Für den Alltag sind die Stücke mit Sicherheit auch adäquat, da die Frage des Kontextes und des persönlichen Lebensstils auftaucht – denn meine Outfits sind alles andere als Understatement.

Ich sehe Mode nie für sich allein stehend sondern immer im im Spiel mit der Umwelt. Man braucht also schon eher spezielle Anlässe und Gelegenheiten, um durch die Kleidung ein Statement setzen zu wollen heutzutage.

So beobachte ich das jedenfalls, aber ich bin stark dafür, sich auch für den Besuch zum Supermarkt toll herzurichten und den persönlichen Bühnenmoment zu genießen. Haltung! Statement!

 

Was ist dir an Mode wichtig?

Also ich sehe Mode in zwei Kategorien – Mode und Kleidung. Für mich treffen sich die beiden idealerweise. Kleidung ist ganz klar, zumindest das funktionale Einkleiden des Körpers, das also ein angenehmes Bewegen in verschiedenen Umfeldern ermöglicht. Mode ist das erzählende Element. Persönlich bewundere ich, wenn durch Mode wirklich gesprochen werden kann und wenn neue Ansätze gefunden werden im Arbeiten mit Material, dem gesamten Entstehungsprozess und wenn man den Menschen zeitgemäße Möglichkeiten gibt sich durch ihre Kleidung auszudrücken. Denn das Tollste ist, wenn sich diese Vision dann auch noch gut am Körper anfühlt!

 

Was darf für dich in keinem Kleiderschrank fehlen?

Ein Stück, das wirklich der eigenen Person entspricht. Man hat ja so viele Dresscodes, die auch wichtig sind zur Kommunikation, um eben „passend angezogen“ zu sein. Ein Kleidungsstück, in dem man fühlt „heute bin ich einfach ich selbst“ ist finde ich das beste Gefühl – manchmal. Das ist ja dann auch wirklich für jede Person ganz anders. Für mich ist das mein Rot-Blaues Kunstpelzkleid, das ich einmal für eine Party in ein paar Minuten zusammengenäht habe, immer wenn ich es anhabe, bin ich glücklich und in meiner eigenen Welt und es entspricht keinem existierenden Dresscode, es ist nicht typisch sexy aber auch nicht unsexy, es ist warm aber nicht zu warm, und ich denke, Menschen verstehen das dann auch weil man das Stück mit der richtigen Haltung trägt.

Wenn ich das sehe, kann ich mich doch nur für die andere Person freuen!

 
Gibt es in Zukunft noch andere Projekte, die dir am Herzen liegen?

Ja! Diesen Mai werden einige Stücke meiner Kollektion “Press Reset” in der Galerie 5020 zusammen mit Stücken 5 anderer Künstler und Designer ausgestellt. Die Ausstellung trägt den Namen “Display Fashion – Display Art (Argonale) Begegnungen von Mode und Kunst”.

Miriam Rocek
M.Rocek@gmx.at