
29 Jul “Ich konnte nicht mal nähen”
Mit Pastellfarben und Silhoutten mit flächigem Volumen hat die österreichische Designerin Marie A.C. Oberkönig die Jury der diesjährigen “Austrian Fashion Awards” am Take Festival überzeugt. Sie gewann den “Modepreis des Bundeskanzleramts”, der mit bis zu 18.000 Euro ein einjähriges Arbeitsstipendium finanziert. Was die Designerin damit macht? Ein informatives Gespräch.
Du hast an der Kunstuniversität Linz unter Ute Ploier studiert. Wie war es von ihr zu lernen?
Marie: Es war sehr sehr toll. Ich würde das Studium definitiv wieder machen. Sie hat eine Art souveräne Ruhe in sich, die was absolut Starkes und Direktes in sich hat. Ab dem letzten Studienjahr hatten wir regelmäßig Einzeltermine mit ihr. Diese Sitzungen haben einen starken Einfluss auf meine Entwicklung gehabt. Diese Art von Mentoring fand ich absolut wichtig und ich merke auch heute noch, wie mir das als Absolventin fehlt. Man verliert sich schnell mal in einer Menge von Entscheidungen.
Ute hat es durch Fragestellungen geschafft, die eigenen Konflikte mit seinem Projekt selbst zu lösen. Generell hatte ich ein großes Vertrauen in unsere Gespräche. Auch heute suche ich den Dialog mit anderen, um selbst besser herauskristallisieren zu können, was ich eigentlich wirklich mit einer Kollektion sagen möchte. Konzeptuell als auch ästhetisch.
Wann hast du begonnen dich für Mode zu interessieren?
Marie: Ich habe als Kind sehr gerne gezeichnet und bin in einem Bekleidungsunternehmen aufgewachsen. Die Entscheidung, Mode zu studieren, war sehr spontan und intuitiv. Ich konnte nicht mal nähen.
Du hast bei den diesjährigen “Austrian Fashion Awards” den “Modepreis des Bundeskanzleramts” gewonnen. Was bedeutet dir dieser Preis?
Marie: Ich freue mich immer noch wahnsinnig darüber. Das Stipendium nimmt mir eine schwere Last von den Schultern, weil ich mich nicht mit finanziellen Problemen herumschlagen muss, um ein Praktikum zu machen. Das erleichtert das Arbeiten enorm. Der Preis ist aber auch eine schöne Anerkennung, die mich motiviert weiterzumachen.
Das Preisgeld ermöglicht dir ein einjähriges Arbeitsstipendium in renommierten Modehäusern. Bist du schon wo tätig?
Marie: Bisher habe ich noch kein Praktikum angetreten, habe aber vor kurzem begonnen, mich um Bewerbungen zu kümmern. Geplant sind jedenfalls zwei Praktika à sechs Monate. Gut wären ein großes und ein kleineres Unternehmen, das ist aber nur ein Wunsch und kein Kriterium für mich. Die Liste der Unternehmen, bei denen ich mich versuchen möchte, ist jedenfalls lang. Welche das sind, möchte ich bis zu meiner Entscheidung für mich behalten.
Wie hat es dir am Take Festival gefallen?
Marie: Als ich dort war, war ich aufgrund meiner Show die meiste Zeit Backstage. Ich habe es dennoch geschafft, mich unter die Blogger zu schmuggeln, um zumindest ein bisschen was mitzubekommen. Besonders gefallen hat mir die Video-Licht-Installation, die dort projiziert wurde. Ansonsten fand ich die Juxtaposition von den vielen Ausstellungen, Performances, Modefilmen und Diskussionen vielseitig und interessant. Sowas habe ich in einem derartigen Umfang noch nirgendwo erlebt.
Wie nahe liegen für dich Mode und Kunst zusammen?
Marie: Das ist ein viel besprochenes Thema, zu dem es von meiner Seite keine klare Antwort gibt. Problematisch bei dieser Fragestellung ist für mich der Begriff “Kunst”, welcher nunmal ein sehr weitläufiges abstraktes Feld, mit sehr verschwommenen Grenzen darstellt. Da muss man sich schließlich erstmal fragen: Was ist denn heute Kunst und ab wann?
Wenn ich Mode auf die Herstellung von Bekleidung reduziere, dann ist sie eher ein Handwerk als Kunst. Je nachdem wie man diesen Prozess gestaltet und wie man die Kleidungsstücke später inszeniert, kann Mode auch etwas Künstlerisches an sich haben. Grob gesagt finde ich, dass kommerzielle “schnelle” Mode kaum was mit Kunst zu tun hat und dass exquisitere Mode da mehr im “Kunst-Raum” agiert.
Es hat vor allem auch was mit der Konzeption zu tun. Wenn ich sehe, wie andere Designer eine Kollektion entwerfen und nur Fashion-Referenzen in ihrer Recherche haben, finde ich das eher unspannend – Copy and Paste-Generation halt.
Ich würde wahrscheinlich eher die Frage stellen: Ab wann ist Mode interessant? Wie schaffe ich es als Designer dem Rezipienten etwas zu zeigen, von dem er mehr begreifen kann als Be-Kleidung. Das hat mir ganz stark etwas mit Emotionen zu tun. Wie Jonathan Anderson seinen Männern praktisch seine Frauenkollektion angezogen hat, das war absurd emotional für mich.
Hast du sowas wie ein Lieblingskleidungsstück?
Marie: Nein, so etwas habe ich nicht. Ich bin eher von kompletten Looks oder ganzen Kollektionen überzeugt. Zum Beispiel die erste Kollektion von J.W. Anderson bei Loewe, welche ich herausragend finde.
Wie würdest du die österreichische Modeszene in drei Worten beschreiben?
Marie: Ich glaube nicht, dass ich fähig bin die österreichische Modeszene in drei Worten zu pauschalisieren und das wäre mir auch ehrlich gesagt unangenehm. Zu dem, was ich von der schaffenden Modeszene in Österreich kenne, könnte ich aber behaupten, dass es meistens eine relativ sichere Angelegenheit ist in Sachen Tragbarkeit und eine sehr lässige, coole Eleganz irgendwo in sich hat. Wenn ich auf den Straßen Wiens rumlaufe, langweile ich mich aber leider überwiegend.
Wohnst du deshalb zurzeit in Berlin?
Marie: Berlin ist eine persönliche Abwechslung und eine Durchgangsstation für mich. Ich freue mich auf das Praktikum, das ich außerhalb Berlins machen möchte.