Leopold Bossert: Der Perfektionist

Leopold Bossert

Leopold Bossert: Der Perfektionist

Sieben Tage die Woche arbeitet der 26-jährige Modedesigner, Leopold Bossert, in seinem Studio in Wien. Arbeit ist für ihn wie Freizeit und auf Reisen ist er meist nur geschäftlich. Porträt eines Perfektionisten, der liebt was er tut.

Ein großes Stiegenhaus mit grauen Wänden und Stufen aus altem Holz offenbart sich beim Betreten des Gebäudes, in dem der Modedesigner Leopold Bossert sein Studio und gleichzeitig seine Produktionsstätte, im siebten Wiener Bezirk, angemietet hat. Es ist ein sonniger Montag Nachmittag und Leopold ist bereits ein paar Stunden in seinem Studio. Meistens verbringt er hier sieben Tage die Woche. Die Produktion ist in vollem Gange. Das Geräusch der Nähmaschinen übertönt die Musik, die aus dem Radio eines Mitarbeiters kommt, der gerade an seiner Nähmaschine sitzt und ein schwarzes Stück Stoff bearbeitet. Generell sind die Farben der meisten Stoffe, die hier verarbeitet werden, dunkel. Die Kleidungsstücke auf den Nähtischen und die fertigen Stücke auf den Kleiderständern sind beige, grau und schwarz. Die Stoffe bezieht er von einer italienischen Textilmanufaktur namens “Bonotto“.

Leopold ist ebenfalls dunkel gekleidet – Schwarze Nike-Sneaker, eine schwarze Hose, ein T-Shirt und ein Sakko aus seiner Kollektion. “Ich trage nur die Sachen, die einen Produktionsfehler haben und zurückgeschickt werden. Ich könnte mir das sonst selbst nicht leisten”, erklärt er bescheiden. Seine Stoffe und die Produktion sind teuer. Dafür exklusiv. Leopold ist vor sieben Jahren nach Wien gekommen, um an der “Angewandten” Modedesign zu studieren. Damals unter Bernhard Wilhelm. Zu einem Studium wurde Leopold nach der Bewerbungsphase jedoch nicht zugelassen. “Sie meinten, die Auswahl meiner Farben ist nicht stimmig genug. Sie hatten einfach eine andere Erwartungshaltung”, begründet Leopold die Absage und nimmt einen Schluck Espresso. Aufgeben kam für den angehenden Designer aber nicht in Frage.

Take Festival AFA Nominee, Leopold Bossert by Naa Teki Lebar

Plan B – Hetzendorf

Zur gleichen Zeit lief die Bewerbungsphase an der “Modeschule Hetzendorf“. Leopold bewarb sich und erhielt eine Zusage zum Studium. Die Freude darüber hielt sich jedoch in Grenzen – “Ich wollte eigentlich nicht dort studieren”, sagt er. So kam es, dass er sein Studium bereits nach einem Semester beendete, blieb aber noch ein weiteres Jahr an der Schule inskribiert. Zu den Lehrveranstaltungen erschien er aber nicht mehr. Der technische Aspekt und die Materiallehre seien ihm zu wenig ausgeprägt gewesen.

Es gab seiner Meinung nach zu wenig Freiraum für seine kreative, vorrangig technische Herangehensweise an die Mode. Den schaffte er sich kurzerhand selbst, indem er mit einem Freund jenes Studio mietete, in dem er bis heute arbeitet. Um sich sein Leben zu finanzieren kaufte er Second-Hand-Kleidung von Dior Homme, damals von Hedi Slimane und verkaufte diese weiter an Sammler und Kunden in Asien. “In Asien hat das Geschäft mit diesen Kleidungsstücken geboomt und ich habe mir ein gutes Geld verdient”. Heute lebt Leopold von seiner Tätigkeit als Designer und hat eine eigene GmbH, die er im Jahr 2013 gemeinsam mit einem Amerikaner gründete.

Take Festival AFA Nominee, Leopold Bossert by Naa Teki Lebar

Spezielle Produktionstechniken

Seine Herangehensweise an den technischen Aspekt sind speziell und einzigartig. Leopold produziert seine Kleidung ausschließlich mit alten Teppich-Nähmaschinen der Marke “Union Spezial”, die er gemeinsam mit einem ehemaligen Mechaniker der Firma so umbaut, dass man damit Kleidung nähen kann. “Die Nadeln, die man für die Produktion von Teppichen verwendet, sind viel zu dick. Wir bauen die Maschinen so um, dass man damit sogar ein T-Shirt nähen kann”. Das macht das Label “Leopold Bossert” exklusiv – es entstehen Nahtstellen, die aussehen als würden sie gerade aufgehen.

Sein Interesse für traditionelle Herrenschneiderei ist groß. In Österreich gibt es laut Leopold dafür keine Ausbildung mehr. Traditionelle Herrenschneiderei findet man noch in Italien und in Ungarn gibt es dafür noch gute Ausbildungsmöglichkeiten. Für seine Produktion suchte er nach Leuten, die traditionelle Herrenschneiderei beherrschen. Sie kommen aus Rumänien und Ungarn. “Aus Österreich hat sich niemand beworben, der einen Anzug schneidern konnte”, sagt Leopold. Ein angemessenes Gehalt zu bezahlen ist für ihn selbstverständlich, denn er erwartet sich Qualität.

Exklusive Kleidung, exklusiver Markt

In Wien sucht man nach “Leopold Bossert” vergeblich. Es gebe zu wenig Leute in Wien, die sich für seine Mode interessieren, der Markt sei zu klein. Hauptsächlich verkauft Leopold nach Asien und auch in den Modemetropolen Europas, wie London und Paris, findet man seine Mode in jeweils einem Geschäft pro Stadt. “Würde ich an mehr Geschäfte verkaufen und die Nachfrage der Leute wäre zu gering, dann würden die Läden meine Sachen nicht loswerden und sie zu Sale-Preisen anbieten. Das möchte ich vermeiden und somit findet man meine Kleidung immer nur in einem Geschäft pro Stadt”. Das erhalte die Exklusivität der Kleidung. Auch er selbst hält sich bedeckt. Weder auf Fotos noch in sozialen Netzwerken findet man den Designer. Und wenn, dann sieht man ihn auf Bildern nur von hinten. Leopold bezeichnet sich selbst als Perfektionist, der liebt was er tut. Das sieht man in seinen strahlenden Augen hinter der schwarzen runden Holzbrille, wenn er über seine Arbeit spricht und lässt einen keine Sekunde daran zweifeln.

Take Festival AFA Nominee, Leopold Bossert by Naa Teki Lebar

Take Festival AFA Nominee, Leopold Bossert by Naa Teki Lebar

 Take Festival AFA Nominee, Leopold Bossert by Naa Teki Lebar

Take Festival AFA Nominee, Leopold Bossert by Naa Teki Lebar

Leopold Bossert ist für die “Austrian Fashion Awards” der “Austrian Fashion Association (AFA)” nominiert, die am Dienstag, den 19.04 2016 im Rahmen des “Take-Festivals” bereits zum dritten Mal vergeben werden. 

Fotos: © Naa Teki Lebar

Christoph Jelinek
cjelinek.cj@gmail.com

Journalism and New Media Student, Editor, Fashion and Culture Enthusiast