“Man soll versuchen Bäume auszureißen”

Yannick Aellen

“Man soll versuchen Bäume auszureißen”

Yannick Aellen ist Jurymitglied der Austrian Fashion Awards 2017. In seiner Heimatstadt Zürich organisiert er die Mode Suisse und berät bei der Wahl der Models für Heidi Klums Germany’s next Topmodel. Bei seinen eigenen Mode-Events gibt er auch Menschen mit Behinderung die Gelegenheit, Model zu sein. Ein aufschlussreiches Gespräch.

 

Du bist Gründer der Mode Suisse. Diese fand heuer zum 11. Mal statt und ist bereits ein fester Bestandteil der Schweizer Modeszene. Ist es für dich denkbar, die Mode Suisse in Zukunft international zu etablieren?

Zuerst und für den raschen Start war es vor allem wichtig, der lokalen Szene ein klares und profiliertes Gesicht zu geben. Sehr schnell haben wir aber angefangen, auch international tätig zu sein. Ein erster Showroom-Versuch in Paris hat 2014 stattgefunden und aktuell finden für eine Fortsetzung interessante Diskussionen statt. Ein wichtiges Vehikel ist unser Zusatzprojekt “Patronat Mode Suisse”. Damit unterstützten wir Designer wie Julian Zigerli, huber egloff oder kürzlich YVY bei ihren internationalen Auftritten. Wir casten und produzieren für die Designer, laden Leute ein und stellen Netzwerke zur Verfügung, übernehmen hier und da eine Rechnung. Außerdem dürfen wir im Mai dieses Jahres zum zweiten Mal eine Auswahl an Designern an der Schweizer Botschaft in Peking vor 1000 Zuschauern zeigen. Wichtig sind aber auch die internationalen Gäste, welche wir nach Zürich an die offiziellen Editionen der Mode Suisse einladen.

Siehst du Gemeinsamkeiten zwischen der Österreichischen und der Schweizer Szene?

Absolut, es sind doch beide Modeländer. International noch etwas weniger renommiert und doch spürt man, dass sich seit einigen Jahren Vielversprechendes tut – auf dem professionellen Parkett aber auch bei den wichtigen Mode-Ausbildungsstätten zwischen Wien, Basel und Genf.

Du bist Jurymitglied der diesjährigen Austrian Fashion Awards im Rahmen des Take Festivals for Indpendent Fashion and Arts. Nach welchen Kriterien bewertest du Mode?

Das klingt in der Zwischenzeit leider ausgelutscht wie in einer Castingshow aber gut – in der Mode scheint mir ein authentisches Gesamtpaket aus Talent, Zeitgefühl, Qualität aber auch Köpfchen und Persönlichkeit mit Charme ideal zu sein.

Was gibst du jungen Designern mit auf den Weg?

Gerade wenn sie ihr eigenes Label lancieren möchten, sollten sie sich über den nötigen Durchhaltewillen bewusst sein. Es ist aber auch gut, große Visionen und Projekte als junger Mensch anzupacken. Die Energie zwischen 20 und 35 ist einfach eine andere, sehr kostbare – man darf sie nicht unterschätzen und sollte versuchen Bäume auszureißen.

Du hast nicht nur mit Designern zu tun, sondern wählst auch die Models für Heidi Klums Germany’s next Topmodel aus. Wie kam es dazu und wie ist diese Aufgabe für dich?

Tatsächlich consulte ich das Format seit sieben Jahren – mein etwas exotischer Sommerjob sozusagen. Ich empfehle, zeige auf wo Potential besteht und freue mich, wenn meine Arbeit über die Jahre hier und da ihren Einfluss hat. Die finale Auswahl der Kandidatinnen liegt aber bei ProSieben und Heidi Klum.

Im Jahr 2015 hast du gemeinsam mit Christa de Carouge und Julian Zigerli eine Modenschau zum 35. Jubiläum des Werkheim “Uster” veranstaltet, auf der Menschen mit Behinderung als Models zu sehen waren. Was wolltest du damit zum Ausdruck bringen?

Die Schwester von Julian Zigerli lief als Model mit Behinderung mit. Sie war der eigentliche Grund dieser Zusammenarbeit, der Kick-off sozusagen. Wir waren alle sehr berührt und angetan von diesem Projekt. Von Jonas Hegi wurden auch sehr tolle Bilder geschossen. Eines davon hat es im Herbst letzten Jahres auf das Mode Suisse-Plakat geschafft und wir haben ein paar der Werkheim-Models auch in Zürich auf den Laufsteg geholt. Solche Projekte sind für alle Involvierten eine Bereicherung und Chance.

Hast du neben der Mode auch andere Interessen?

Objekte, Interior, Architektur, Reisen aber vor allem Musik – sie zu konsumieren aber auch selbst zu machen. Wir arbeiten gerade mit der Band an neuen Songs, gehen bald ins Studio und hoffentlich auf ein paar Bühnen.

Auf was freust du dich bei deinem Wien-Besuch? Auf ein Schnitzel? 🙂

Auf das Festival und interessante Bekanntschaften selbstverständlich aber auch auf ein Wiedersehen mit meinem guten Freund Fritz – gerne bei einem Schnitzel.

 

Foto:  © Simon Habegger

Christoph Jelinek
cjelinek.cj@gmail.com

Journalism and New Media Student, Editor, Fashion and Culture Enthusiast