
26 Apr Identität bestimmen statt bestimmen lassen
Martin Meister – ein Universaltalent in Kunst, Mode und elektronischer Musik. Am Take bietet er mit dem Projekt “I Own Me” einen Einblick in seine Outfits von den 1990ern bis heute und zeigt, wie Gesellschaft automatisch die Grenze zwischen realer Person und Kunstfigur verwischt. Am Ende bleibt nur eine gesellschaftlich auferlegte Figur, geformt von der kollektiven Meinung anderer. Der Künstler vertritt sich aber am besten selbst.
Martin Meister © Verena Mandragora
Martin, dein Parcours-Projekt heißt “I Own Me”. Was ist damit gemeint?
Als ich vor ungefähr 20 Jahren in London angefangen habe Musik zu machen, war ich mit den Plattenfirmen konfrontiert, die mir sagen wollten, wie ich sein soll. Sie haben versucht, mich zu formen. Dagegen hab ich mich aber relativ früh gewehrt und meine Identität beibehalten. Ich wollte keine Marionette sein und meiner Kunst treu bleiben. Das hat bis heute funktioniert.
Gab es viel Kritik?
Du polarisierst mit dieser Einstellung natürlich. Vor allem diejenigen, die sich nicht mit der Gesamtheit des Schaffens auseinandersetzen, missverstehen es leicht. Meine Kunstfiguren werden als mein wahres Ich angenommen.
Wann war bei dir der Punkt erreicht, an dem du dich selbst richtig gut kanntest?
Ich habe immer schon alles ausprobiert. Mit 17, 18 gab es eine starke Phase der Stilfindung. In den 80ern hab ich meine Kleidung selbst verändert und gestaltet. Ich ließ mich von Poesie, der Geschichte und allem Möglichen inspirieren. Dass ich mir dabei immer selbst treu bleibe, ist bis heute so geblieben.
Auch bei der CORE Collection von VOLGGER Studio geht es um Identitätsfindung. Es geht um das Aufbrechen von Modeklischees, um Genderissues, um Kommunikation. Die zwei Schwestern Jasmin und Regina Volgger legen außerdem größten Wert auf zeitlose Entwürfe aus nachhaltiger Produktion. Besucherinnen und Besucher werden beim Take dazu aufgefordert, hinter die Fassade der gesellschaftlich festgelegten Stereotype zu blicken. Dazu haben uns die beiden ein par Fragen beantwortet.
© Andreas Waldschütz
Ihr thematisiert in eurer Arbeit das Thema Gender, indem ihr die CORE Collection für alle Geschlechter kreiert habt, und bringt so quasi das Konzept der Boyfriend Jeans auf ein neues Level. Sollten auch mehr Männer zur Kleidung ihrer Partner/Partnerinnen greifen?
Die CORE Collection bricht mit den klassischen und konventionellen gesellschaftlichen Geschlechterrollen und ist für jeden gedacht und gemacht, egal welchen Geschlechts, Orientierung, Alters, Herkunft oder Aussehens. Jeder kann alles tragen. Wir wollen damit weg von den stereotypischen Kollektionsdesigns, wie etwa Rosa für Frauen, Blau für Männer. Für beide Geschlechter gibt es ein Design aber zwei Passformen.
© Andreas Waldschütz
Ebenso finden sich sogenannte equal Teile in unserer Kollektion, wie die Strickwaren, die nur einen Schnitt haben. Uns geht es darum, dass ein Partnerlook möglich wäre, generell lädt die Kollektion dazu ein, Kleidungsstücke zu tauschen und so individuell damit zu experimentieren.
Eure CORE Collection ist für das ganze (Mode-)Jahr gedacht. Welchen Hintergedanken hat diese Entscheidung?
Wir wollen unsere Kundinnen und Kunden weg von der Fast Fashion und hin zu einem neuen Bewusstsein von Kleidung als langlebige und zeitlose Lieberhaberstücke bewegen.
© Andreas Waldschütz
Ihr seid gemeinsam aufgewachsen. Wie hat der Kleidungsstil eurer Eltern euer Modeverständnis beeinflusst und habt ihr eure Kleidung getauscht?
Schon früher haben wir den Kleiderschrank unserer Eltern durchforstet und deren Kleidung getragen, sei es eine Jeans von Papa abgeschnitten oder ein Hemd zur Bluse umfunktioniert. Je älter wir wurden, desto mehr haben wir auch im Kleiderschrank des anderen gestöbert. Jetzt ist es so, dass man manchmal schon aufpassen muss, ob nach dem Besuch der Schwester nicht im eigenen Kleiderschrank etwas abhanden gekommen ist.
VOLGGER STUDIO © Andreas Waldschütz