
21 Apr Was würde Warhol dazu sagen?
“In Zukunft wird jeder für 15 Minuten weltberühmt sein”, meinte der damals und heute weltberühmte Pop Art-Künstler Andy Warhol im Jahr 1968. Heute, rund 50 Jahre später, sind es wohl eher 15 Sekunden, meint Fotografin Sigrid Mayer. Mit ihrem Team hat sie sich das Phänomen das Ultrakurzzeit-Fames auf Social Media vorgenommen und wird im Rahmen des Take Festival Parcours die Ergebnisse präsentieren.
Und zwar in Form eines Mode-Editorials, bei dem die Models im Viertelstunden-Takt angezogen, gestyled und geschminkt wurden. Und dann natürlich fotografiert. Wer schon mal bei einem Fashion Shooting zugeschaut hat, weiß, dass es ganz schön lange dauern kann, bis das perfekte Bild im Kasten ist. Nicht so bei “15 minutes of fame”. Hier wurde jeweils der allererste Impuls fotografisch eingefangen. Und zack, der oder die Nächste, bitte!
Man muss sich diese Action wohl als ziemliches Gewusel vorstellen. Filmisch eingefangen wurde das kreative Tohuwabohu von Julia Schiff.
Wir baten Sigrid Mayer darum, uns schon jetzt ein bisschen hinter die Kulissen blicken zu lassen:
Wie bist du auf die Idee gekommen, ein sonst eher langwieriges Fashion Shooting mit der Swipe, Like, Scroll-Mentalität von Social Media-Nutzern zu kombinieren?
Irgendwie habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, fotografisch auf das Tempo der sozialen Medien zu reagieren.
Den meisten Menschen ist nicht klar, wieviel Aufwand ein Fashion Shooting üblicherweise bedeutet. Planung, Durchführung und Nachbearbeitung nehmen viel, viel Zeit in Anspruch – vor allem im Vergleich dazu, wie lange das Resultat betrachtet und „gesehen“ wird.
Da wollte ich mal das andere Extrem testen: Wenig Aufwand in die Bildproduktion und Retusche zu investieren, aber mehr in die Präsentation und das Thema, das dahinter steht: Online-Berühmtheit und die Frage: Will ich diesen Fame überhaupt? Und wie viel Herzerl sind genug Anerkennung für etwas, an dem ich tagelang gearbeitet habe?
Wie haben die Models darauf reagiert?
Ich bin mir nicht ganz sicher, inwieweit sie gebrieft waren. Ich habe die Models nicht gecastet bzw. gebucht – diese Aufgabe habe ich abgegeben. Ich wusste also nicht einmal, wer da bei der Tür hineinkommt. Ich glaube aber, sie wussten, dass sie zu einem Go&See kommen, bei dem ein paar Bilder gemacht werden.
- Akeem © Sigrid Mayer
- Lucie © Sigrid Mayer
- Sophie © Sigrid Mayer
- Valerie © Sigrid Mayer
- Andreas © Sigrid Mayer
- Cristiano © Sigrid Mayer
Hast du ihnen irgendwelche Anweisungen gegeben?
Ja, beim Fotografieren selbst habe ich eigentlich agiert wie bei jedem anderen Shooting auch – abgesehen davon, dass ich unvorbereitet sein musste, was mein persönlicher Albtraum ist. Ohne Plan auf Knopfdruck kreativ sein ist nach einigen Stunden Non-Stop-Shooten alles andere als einfach.
Irgendwann ist das Hirn leer. In den Durchhänger-Momenten haben mir die Models extrem geholfen, weil sie super-professionell gearbeitet haben und einiges geboten haben, was Posing etc. betrifft.
Ist das Ergebnis des Shootings so, wie du es erwartet hast?
Ja und Nein. Für den trashig geblitzten Bildlook habe ich mich bewusst entschieden, etwas anderes wäre zeitlich nicht möglich gewesen, vor allem bei ständigem Ortswechsel. Insofern sehen die Bilder schon so aus, wie ich das wollte.
Was den Rest betrifft: Da habe ich mich wirklich bemüht, im Vorfeld nichts zu planen und mir auch nichts Bestimmtes vorzustellen, auf Make Up und Styling hatte ich ja keinen Einfluss. Absprechen war ja irgendwie verboten. Erwarten konnte ich also nur, dass das Ergebnis irgendwie cool wird, weil ich die Arbeiten der Teammitglieder kenne und schätze.
Die kaum vorhandene Kommunikation mit meinem Team war aber auch das, was mir am meisten gefehlt hat bei dem Projekt, weil nicht einmal zum Plaudern zwischendurch Zeit war… Da genieße ich das übliche Team-Play schon viel mehr.
Wieviele Bilder sind entstanden? Was werden wir beim Take Parcours sehen?
In der kurzen Zeit habe ich pro Model natürlich nur ein Sujet/Outfit geshootet. Beim Take Parcours zeigen wir pro Model ein Foto, also 23 Bilder. Außerdem gibt‘s ein Behind-the-Scenes Video von Julia Schiff:
Wirst du jetzt öfter so ein Zack Zack-Shooting machen? Warum?
Ich plane gerade, das Projekt in anderen Städten mit unterschiedlichen Teams weiterzuführen. Einerseits, weil es eine tolle Möglichkeit ist, neue Models live und vor der Kamera in einer etwas ungewöhnlichen Situation zu erleben – sozusagen ein „Casting Advanced“. Andererseits, weil es eine Übung und Herausforderung für die eigene Arbeitsweise darstellt. Es war eine echt interessante Erfahrung, aber das nächste Mal setze ich nochmal eins drauf in Sachen Spontanität – da habe ich nämlich vor, rein mit „available light“ zu arbeiten…